Köln-Bonner Musikkalender / Musikchronik
"Große Dirigenten als (interessante) Komponisten" (27.04.2008)
Nicht wenige große Musiker haben sich zwischen einer Laufbahn als Komponist oder Dirigent entscheiden müssen, weil sie sowohl schöpferisch wie nachschöpferisch in gleicher Weise begabt waren, und selbst wenn sie das Dirigieren zum Hauptberuf machten, blieb das Komponieren zumindest eine ihrer Freizeit-Beschäftigungen; Wilhelm Furtwängler ist das vielleicht markanteste Beispiel: Er selber betrachtete sich Zeit seines Lebens als Komponisten. Aber auch Antal Dorati, André Previn und Bruno Walter haben nicht wenige Partituren geschaffen, und um diese drei ging es in einem WDR-Konzert mit Mitgliedern des WDR Sinfonieorchesters, das interessante Einblicke in deren Werkstatt vermittelte. Doratis frühes Werk „Nocturne und Capriccio“ von 1926 stand dabei für den nationalen Aufbruch der ungarischen Musik, wie er vor allem von Bartók betrieben wurde, und bot heitere Spielmusik mit ungarisch gefärbtem Zungenschlag. Previns „Streichquartett mit Sopran“ dagegen ist ein ziemlich neues, aber von den Um- und Nebenwegen der Moderne fast unberührt gebliebenes, ausdrucksstarkes Stück, das seine poetisch-philosophische Aussage aus einem im England des 19. Jahrhunderts entstandenen Gedicht bezieht, dessen Text um Leid und Tod kreist (hier von Benita Borbonus eindrucksvoll gesungen). Interessanteste „Entdeckung“ in dieser Matinee war aber wohl das 1909 entstandene Klavierquintett von Bruno Walter, das – kompositorisch durchaus auf der Höhe seiner Zeit stehend - mit faszinierenden harmonisch-klanglichen Feinheiten aufwartete, die Tatiana Koslova am Flügel und das von Susanne Richard angeführte Streichquartett großartig zur Geltung brachten.